Die Vorüberlegungen
„Warum willst Du das eigentlich machen?“ So oder so ähnlich wurde ich oft gefragt,
wenn ich kurz mein bevorstehendes Abenteuer angedeutet habe. Die Antwort?
Zuerst wusste ich keine und so zu antworten wie die
Bergsteiger, die gefragt werden, warum sie da hochklettern: „Weil die Berge
eben da sind“, war mir zu einfach und auch zu blöd, denn ich nehme ja auch
keine Drogen, nur weil sie da sind.
Klar war mir nur, dass ich es wollte:
Quer durch Europa mit dem eigenen Boot, von Flensburg ins
Mittelmeer und zwar nicht „außen ´rum“, sondern ganz gemütlich durch die Kanäle
– bei Lübeck ´rein und bei Marseille wieder ´raus.
Doch zurück zur Eingangsfrage, warum?
Nach einigem Überlegen konnte ich meine Antwort
strukturieren und in 3 Teile aufteilen:
1. Ich habe die Zeit,
ich bin seit Mitte 2013 im Ruhestand, beide Söhne studieren seit Herbst 2014
und meine Frau kommt vielleicht zu Besuch an Bord.2. Ich habe das Boot, eine Dehler 32, Baujahr 1994. Das Boot ist ganz gut in Schuss und das Wichtigste: es hat „nur“ 1,50 Meter Tiefgang. Für die Kanäle in Frankreich sind 1,80 Meter das Limit.
3. Ich habe Lust dazu. Ich möchte mal längere Zeit auf dem Boot leben, dazu eine „richtige“ Reise machen und (wichtig!) so viel schönes Wetter wie nur geht erleben. Ich bin schon immer gerne gereist, gestört hat mich (nach der Studentenzeit im VW-Bus) die Art zu reisen, ohne die Entfernungen zu „erleben“. In 20 Stunden von Haus zu Haus z.B. von Flensburg nach Peking lässt vergessen, was Reisen eigentlich bedeutet, es ist – wenn auch toll – mehr ein Ortswechsel.
Meine Reise ins Mittelmeer wird schätzungsweise 4 - 6 Wochen dauern, also eher Fußgängertempo, viel Zeit zum Gucken, zum Erleben.
Ich werde nicht durch die Nordsee segeln, nicht über die
Biskaya und nicht auf dem Atlantik, nicht außen um Europa herum fahren, sondern
eben quer durch. Der Grund: Ich bin kein Held und will einfach nur Spaß haben,
keine Rekorde, keine Heldentaten.
Trotzdem muss man auch für eine solche, hoffentlich „hyggelige“
Reise einige Vorbereitungen treffen, über die ich hier kurz berichten werde.
Was man alles braucht:
Zunächst einmal kann man nicht so einfach losfahren ohne
das „o.k.“ der Behörden einzuholen, was in meinem Fall bedeutete, den
„Sportbootführerschein- Binnen“ zu erwerben. Zum Glück wurde in der SV Flensburg im
Winter 2012/13 ein entsprechender Kurs angeboten, mit anschließender Prüfung
vor dem DSV. Der Wochenendlehrgang war interessant und informativ, hat einige
wertvolle Informationen geboten und mir vor allem die Berechtigung gegeben, in
Deutschland und anderen europäischen Ländern mit meinem Boot auf den
Binnenwasserstraßen herum zu schippern.
Das ist noch nicht alles, man braucht auch noch (über
5,50 m Bootslänge und/oder 3 PS) ein amtlich anerkanntes Kennzeichen, – wie eine
Autonummer - das man erhält, wenn man
sich einen Internationalen Bootsschein ausstellen lässt (natürlich gegen
Gebühr). Ausstellen kann diesen weltweit anerkannten Registrierungsnachweis in
Deutschland der ADAC, der DSV und der Deutsche Motoryachtverband, man erhält
einen schönen Ausweis und eine Registriernummer, die am Boot angebracht werden
muss.
Was ich nicht brauchte war die EU-Konformitätserklärung
(CE-Zeichen), mein Vorteil: Altes Boot, vor 1998 gebaut.
Mitnehmen sollte man auf jeden Fall auch einen Mehrwertsteuernachweis,
also die Rechnung für den Kauf des Bootes – man weiß ja nie …
… und zu klären ist auch, ob die Kaskoversicherung den
Bereich abdeckt – am besten schriftlich …
.... und ob der Versicherungsnachweis über die Haftpflichtversicherung (international) an Bord ist ...
.... und ob der Versicherungsnachweis über die Haftpflichtversicherung (international) an Bord ist ...
Ein echtes Problem bei einer gemischten Tour (binnen und
buten) scheint die Nutzung des Funkgerätes zu sein. Ich habe z.B. ein
GMDSS-fähiges Seefunkgerät fest eingebaut, also eine offizielle UKW-Funkstelle,
mit Zuteilungsnummer usw., damit („Beschränkt Gültiges Betriebszeugnis für
Funker I“) darf ich alle UKW-Funkgeräte betreiben.
Für die deutschen Binnenwasserstraßen (und Niederlande
und …) braucht man aber ein ATIS-Funkgerät, das eine besondere Binnenkennung
aussendet. Die Idee, ein solches Gerät als Handfunke zu kaufen funktioniert
auch nicht, da ATIS-Handfunkgeräte in Deutschland keine Zulassung bekommen.
Ich kann also auf Binnengewässern funken (Zeugnis
vorhanden, technisch möglich, Frequenzen sind dieselben wie beim Seefunk), darf
es aber nicht, weil ich mein Gerät nicht umschalten kann (so etwas zum
Umschalten gibt es natürlich zu kaufen).
Was also tun?
Ich werde das Funkgerät nicht benutzen, Schleusen kann
man auch per Handy erreichen, falls nötig. Mehr möchte ich hier dazu nicht
schreiben, dem Funkverkehr zuhören werde ich ja wohl dürfen – oder?
Update:
Soweit mein Wissenstand und meine Planung – bis ich mich
etwas genauer informiert hatte. Ein Anruf bei der Bundesnetzagentur und
Recherche in diversen Reiseberichten ergab dann, dass die Strafe für’s illegale
Betreiben einer Funkstelle – und das wäre es schon, wenn ich ein nicht reviergerechtes,
funktionierendes Funkgerät spazieren fahre, ohne es zu benutzen – in Holland bei 75 € liegt, in Deutschland ähnlich.
Ich habe nicht weiter nachgefragt – und ein neues Funkgerät
bestellt, dass auf ATIS umgestellt werden kann. Kostenpunkt : ~150 €, also 2
mal Strafe vermeiden und ich habe es ´raus. Und, ehrlich, das neue Gerät ist
schöner als das alte.
So ganz kam meine Rechnung (2 x Strafe vermeiden = 1
Funkgerät) doch nicht hin, denn die Netzagentur hat für die neue Zuteilung einer
ATIS-Nummer (kann man übrigens aus dem Rufzeichen selbst errechnen) 43 €
erhalten.
Nach diesem – zugegeben – etwas nervigen Absatz über die
Funkerei, mal etwas Positives von den Behörden:
Für Sportboote fallen keine Gebühren auf den deutschen
Binnenwasserstraßen an, alles wird abgegolten durch die Verbände bzw. den Kauf
des Internationalen Bootsscheins (s.o.), in den Niederlanden ebenso, in Belgien
ein paar Euro.
Nicht ganz so
erfreulich, aber verständlich, die Regelung
in Frankreich. Dort gibt es ein sehr weit verzweigtes Kanalnetz, das ich
zum Teil nutzen will -davon später – und das unterhalten werden muss und teilweise
nur von Sportbooten (also wenig kommerziell) befahren wird. Deshalb kauft man
an der ersten französischen Schleuse oder per Internet (Rabatt!) eine Vignette, der Preis ist abhängig von der
Bootsgröße und der Nutzungsdauer. Für meine Dehler 32 kostet es etwa 250€, für
das ganze Jahr 2015. Ich hoffe, Horst Seehofer und Alexander Dobrindt lesen das nicht, denn über eine Maut für
Segler und Binnenschipper wird ja bisher noch nicht diskutiert, also nix
verraten …
Nach der Beschreibung der „administrativen“
Vorbereitungen nun aber zur Route, nach der Pflicht also die Kür:
Ich plane, mit dem Mast auf Deck von Flensburg nach Lübeck zu motoren, weil Aufriggen-Abriggen innerhalb von 2-3 Tagen ja ziemlich nervt – wäre gar nicht „hyggelig“.
Jetzt ist das Mittelmeer ganz nah und der Mast wartet
darauf wieder senkrecht zu stehen.
Im Mittelmeer wird dann natürlich gesegelt - wenn Wind
ist - geplant in Richtung Spanien, Barcelona, dann nach Mallorca, dolce vita,
café con leche, Paella, was das Herz begehrt.
Die Karte zeigt einen groben Überblick über die Route,
enthalten sind ungefähr 200 Schleusen, ein paar Tunnel und ein Schiffshebewerk.
Entfernung etwa 1000sm, ich rechne mit knapp 300 Liter Diesel (Hinweg) – aber
es gibt ja unterwegs Tankstellen.
Lasst uns doch mal übers Geld reden.
Bisher habe ich schon die Vignette für ungefähr 250 € und
den Diesel für ungefähr 500 € erwähnt, Ausgaben, die nicht „sexy“ sind.
Anders ist es da schon mit dem, was man für das Boot
anschafft, das macht doch wesentlich mehr Spaß – für den Ökonomen: Das sind
Investitionen, das andere ist Konsum.
Als Aufzählung einige notwendige Ausgaben/Anschaffungen:
2 große Kugelfender für die Schleusen, Motorinspektion
(neuer Thermostat, 2 neue Düsen, Arbeitslohn), Kartenmaterial und Handbücher
für die Kanäle (zum Teil vorhanden, z.B. Navionics digitale Karten für ganz
Europa fürs I-Pad).
Im Winter 2014 werden noch 2 Solarpanele angeschafft und
mit Zubehör eingebaut, denn der Kühlschrank soll immer kalt sein. Meine beiden
Gelbatterien mit je 85 Ah und die Starterbatterie mit 45 Ah werden also vom
Motor (Lichtmaschine) geladen, vom Landstrom (wenn vorhanden) und von 2
Solarpanelen zu je 60 Wp – ich hoffe, das reicht. Ich setze auf die Sonne im
Mittelmeer.
Besonders schön ist das neue Grosssegel, das auf den
ersten Einsatz im Mittelmeer wartet. Das „alte“ Regattasegel ist zwar optisch
und technisch auch nach 7 Jahren noch prima, ich vermute aber, dass die
Mittelmeersonne ihm „den Rest“ geben würde, deshalb das neue Gross.
Ein stabiles Mastlagergestell wurde aus Dachlatten selbst
zusammengezimmert - fast umsonst – ein Dampferlicht wird an einem kleinen
Stummelmast (1 m über Schandeck – noch ´ne Vorschrift) befestigt.
Die Gastlandflaggen sind dann wirklich nur noch
„peanuts“, außerdem ist Weihnachten gerade vorbei – und dass ich immer sehr artig war, hat sich ausgezahlt.
Damit es mir unterwegs nicht langweilig wird, wird die
„gopro“ Kamera dabei sein, eine Anschaffung, die auch abseits vom
Segeln/Bootfahren Spaß macht.
Anker, Leinen, Sonnenschutz, Schleusenhaken,
Schlauchboot, alle Segel (Groß, Sw-Fock, Genoa, Sturmfock, Spi, Gennaker) usw.
sind vorhanden, wie bei den meisten Seglern.
Ein wesentlicher Posten werden die Liegegebühren sein,
die im Mittelmeer ja bekanntlich eine ganze Ecke jenseits der Schmerzgrenze
liegen können. In kommunalen Häfen ist es oft recht günstig - wenn man einen Platz bekommt. Ansonsten plane
ich natürlich auch, immer wenn möglich, zu ankern. Weil es schön ist und um
etwas Geld zu sparen, das ich dann ja prima anderweitig ausgeben kann, ich habe
da viele Ideen …
Geplant ist die Reise für 2015, von
Mitte April bis Anfang Oktober. Dann bin ich entweder zurück (wohl auf
demselben Weg, mit einer Änderung – ab Koblenz den Rhein abwärts bis Duisburg)
oder ich bzw. das Boot bleibt eine weitere Saison im Mittelmeer.
Informationen zur Vorbereitung gibt es z.B. beim ADAC (Wege ins Mittelmeer) und einer sehr
empfehlenswerten Seite für Segler: http://www.sy-merger.de.
Ich habe bisher noch gar nicht über die Crew berichtet –
aus gutem Grund – es gibt keine. Ich plane die Reise alleine, denn wer hat
schon so viel Zeit (siehe Punkt 1. oben) wie ich. Einige Freunde haben sich für
Teiletappen angesagt, ich freue mich wenn ich Besuch bekomme, Andrea will auch
mal vorbeischauen (besonders bei den Balearen) – Fazit: Alleine planen,
Gesellschaft ist willkommen.
Also, die Zeit läuft, wenn alles gesund und munter
bleibt, beginnt das „hyggelige“ Abenteuer im Frühjahr 2015 – ich werde
berichten.